BR-Informationen vom 5. Oktober 1999

Ausgliederungen - Großangriff auf den Haustarif
Wie optimiere ich den Gewinn auf Kosten der Arbeitnehmer?

Wie auf den zahlreichen Informationsveranstaltungen am gestrigen Montag verkündet wurde, will die Geschäftsleitung ihren lang geträumten Traum nun endlich verwirklichen: Die ersten Lokalredaktionen und Treffpunkte sollen zu eigenständigen GmbHs umgewandelt werden. Betroffen sind Bautzen/Bischofswerda, Freital/Dippoldiswalde und Pirna/Sebnitz - also ca.60 Mitarbeiter/innen.

Dr. Frank führte die o.g. Veranstaltung im Haus der Presse durch, in den betroffenen Kreisen waren z.B.  Herr Dietmann und Herr Kittel zeitgleich mit ähnlichen Veranstaltungen befasst. Als Grund für die Ausgliederungen nannten die Herren immer wieder die Nähe zum Leser und die Kompetenzverschiebung vor Ort. Warum das heute im DD+V nicht möglich sein soll, sagte er nicht dazu. Dabei geht es ausschließlich darum zu sparen. Die Geschäftsleitung sollte das auch so ehrlich sagen und sich nicht ständig in Scheinargumenten verlieren!

Dr. Frank erklärte den Anwesenden auf die Frage einer Kollegin übrigens, die betroffenen Mitarbeiter hätten natürlich die Wahl, dem Betriebsübergang auch zu widersprechen, wie es im Bürgerlichen Gesetzbuch steht. Nur könne er ihnen keinen anderen Arbeitsplatz anbieten.

Was bedeutet Ausgliederung für die betroffenen Mitarbeiter/innen?  Die Geschäftsleitung sprach von der Besitzstandwahrung nach § 613a des Bürgerlichen Gesetzbuches. Diese soll den Kolleginnen und Kollegen noch für ein Jahr ihre Rechte aus dem alten Arbeitsvertrag sichern, indem Tarifvertrag und Betriebsvereinbarungen individualrechtlich weiter gelten.

Das passiert jedoch nur, wenn die Mitarbeiter/innen ihre Verträge mit dem DD+V behalten. Bei der Ausgliederung von SZ-online und Zustellorganisation bekamen die betroffenen Kollegen jedoch neue Verträge angeboten, die schlechter waren. Mit der Unterschrift unter einen solchen Vertrag werden die Besitzstandrechte natürlich aufgegeben. Dr. Frank vertrat auf der Informationsveranstaltung die Meinung, die jährliche Tarifanpassung und die Gruppensprünge würden trotz Besitzstandwahrung sofort entfallen.  Diesem Gedanken können wir uns aus rechtlicher Sicht jedoch nicht anschließen. Auch die Gewerkschaften vertreten dazu einen anderen Standpunkt.

Was passiert nach dem ersten Jahr? Das lässt sich kurz und schmerzvoll darstellen:

Diese Liste könnte noch erweitert werden. Auf jeden Fall wird der Druck in den einzelnen GmbHs noch größer werden als er jetzt schon ist. Die Konkurrenz zwischen schlecht bezahlten und den noch besser entlohnten Kollegen wird zunehmen.

Das alles soll übrigens gerade in dem Jahr stattfinden, in dem G+J das Geschäftsjahr 1998/99 mit dem zweitbesten Ergebnis seit der Gründung abrechnen konnte! In demselben Geschäftsjahr steigerte der DD+V UB Zeitungen sein Ergebnis gegenüber dem Etat übrigens um 6 Mio DM. Diese Zahlen kommentieren sich von selbst.

Um zu diesem Thema zu beraten, Fragen zu stellen und zu beantworten, laden wir die Betroffenen, aber auch alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein, an der kurzfristig geplanten zusätzlichen Abteilungsversammlung teilzunehmen. Sie findet am Freitag, 8. Oktober 1999, 14 Uhr im Foyersaal Haus der Presse statt. Vertreter der Tarifparteien werden anwesend sein, außerdem Max Gassner aus Itzehoe (Vorsitzender des Konzernbetriebsrates und Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat) und Wolfgang Barthel aus Hamburg (stellv. Vorsitzender des Konzernbetriebsrates und Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat).

Ihr habt das Recht, an dieser Versammlung teilzunehmen, auch wenn die Redaktion/der Treffpunkt dann nicht mehr besetzt sein sollten. Das ergibt sich aus dem  Betriebsverfassungsgesetz; der Arbeitgeber muß Euch die Teilnahme ermöglichen und die Fahrtkosten erstatten. Selbstverständlich ist die gesamte anfallende Zeit Arbeitszeit. Solltet Ihr an der Teilnahme gehindert werden, informiert uns bitte sofort!

Es ist ganz wichtig, dass alle betroffenen Mitarbeiter/innen kommen -- und möglichst viele, die vielleicht später von derselben Problematik betroffen sein werden.

Es geht um Eure Arbeitsplätze, Eure Gehälter und Eure Rechte! Die zur Zeit geplanten Ausgliederungen sind erst der Anfang!