BR-Informationen über die Betriebsversammlung am 1. November 1999

Wider alle Vernunft - die Geschäftsleitung will immer noch ausgliedern

Auf der Versammlung, an der knapp 300 Kolleginnen und Kollegen teilnahmen, fragte der Betriebsrat den Geschäftsführer Dr. Mario Frank, wann konkret die Ausgliederung der sechs Lokalredaktionen und Regionalverlage erfolgen soll. Darauf gab Dr. Frank - auch nach nochmaligem Nachfragen - zur Antwort: in den nächsten Tagen.

Nicht beantwortete Fragen

Erneut beantwortete die Geschäftsführung in keiner Weise die Frage, was die neuen GmbHs leisten sollten, was in der gegenwärtigen Struktur nicht schon zu leisten wäre.Der Betriebsrat stellte dem Geschäftsführer vor allem drei konkrete Fragen:


Am Donnerstag voriger Woche hat der Betriebsrat den Minderheitengesellschafter SPD in Berlin aufgesucht und nachgefragt, ob er dieser Ausgliederung zugestimmt habe. Herr Pennigsdorf, einer der zwei Geschäftsführer der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft, die die SPD-Interessen vertritt, bestätigte dies. Zugleich erklärte er, diese Zustimmung sei unter zwei Vorbehalten gegeben worden: Erstens ist dies als
Test zu betrachten, der rückgängig gemacht werden soll, wenn es nicht klappt. Zweitens sollen die Gespräche mit dem Betriebsrat ,,konsensual" erfolgen. Der Betriebsrat kann nicht erkennen, dass dies durch die Geschäftsführung auch nur annähernd erfüllt wird.

Nach der Betriebsversammlung hat der Betriebsrat der Geschäftsführung schriftlich mitgeteilt, dass er vor der Behandlung weiterer Detailfragen zunächst eine klare Antwort auf die Fragen erwartet, ob dem Betriebsrat unabhängige juristische Fachberatung zugestanden wird und ob die Geschäftsführung bereit ist, über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu verhandeln. Zugleich wurde vorgeschlagen, darüber Anfang nächster Woche zu sprechen, da der Betriebsrat von Mittwoch bis Freitag zu einer Konferenz aller Betriebsäte von Gruner + Jahr in Hamburg ist, die nur einmal in jeder Legislaturperiode stattfindet.

Auf die Frage der Vertreter von DJV und IG Medien, wann die vorgeschlagenen Tarifverhandlungen zur Arbeitszeit wieder aufgenommen werden, schlug Dr. Frank zwei Termine vor: den 15.11.  und den 17.11. (Buß- und Bettag). Die Geschäftsführung kündigte an, dass in den nächsten Tagen jeder von Ausgliederung betroffene Kollege ein Schreiben erhält, in denen ,,juristisch einklagbar" die Ansprüche zugestanden werden, die zum Zeitpunkt der Ausgliederung bestanden.  Ausdrücklich wurde bestätigt, dass Betriebsvereinbarungen nicht mehr gelten (z.B. Sozialplan für Abfindungen, Härtefonds usw., Arbeitszeit, Freistellungen, Verbot der Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch Datenverarbeitungsanlagen, Überstunden- und Mehrarbeitsregelungen etc.).

Auch angesichts dessen, dass sich die SPD als Minderheitengesellschafter mit den Tatsachen, insbesondere der nicht-konsensualen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, beschäftigen und dies Ende November in der DDVG-Gesellschafterversammlung ansprechen will, forderten DJV und IG Medien die Geschäftsführung auf, die Ausgliederung aufzuschieben und vorher mit dem Betriebsrat und allen Mitarbeitern ein Gespräch zu suchen, das diesen Namen auch verdient.

Was tun, wenn plötzlich ausgegliedert wird?

Der Betriebsübergang muss verkündet werden. Das ist schriftlich, aber auch mündlich möglich. Beispielsweise kann das die Mitteilung sein: Ab heute arbeiten Sie in der Freitaler Redaktions- und Verlagsgesellschaft. Ab diesem Zeitpunkt haben die betroffenen Mitarbeiter drei Wochen Einspruchsfrist. Diese Zeit sollte unbedingt zur weiteren Meinungsbildung genutzt werden. Deshalb ist das Wichtigste: nichts unterschreiben!

Wir empfehlen allen, sich bei einer entsprechenden Mitteilung oder Erhalt eines Schriftstückes sofort mit dem Betriebsrat in Verbindung zu setzen. Dann werden wir weitere konkrete Schritte gemeinsam beraten.

Der gesamte Betriebsrat ist von Mittwoch bis Freitag in Hamburg zum Betriebsrätetreffen des Verlages Gruner + Jahr.  Sollte genau in dieser Zeit die Ausgliederung erfolgen, wäre das ein Beweis dafür, dass die Geschäftsführung zu jedem Vertrauensbruch bereit ist.

Alle Kolleginnen und Kollegen haben auch an diesen Tagen ständig die Möglichkeit, sich mit Betriebsräten ihrer Wahl zu konsultieren. Die Erreichbarkeit in Hamburg ist gewährleistet. Cornelia Stiehl, die Sekretärin des Betriebsrates, hilft Euch weiter. Sie ist zwischen 8 und 16 Uhr erreichbar unter der Telefon-Nummer 0351-48642888/-2897. Darüber hinaus sind zur Konsultation mit jeder Kollegin und jedem Kollegen bereit:Michael Hiller vom DJV in Dresden, Telefon 0351-25274 und Hartmut Maihöfer von der IG Medien Dresden, Telefon 0351-8633135. Sollte es sich erforderlich machen, ist der gesamte Betriebsrat schnellstens wieder in Dresden.

Aufruf zur Aktion

Mitarbeiter haben den Betriebsrat aufgefordert, der Belegschaft die Möglichkeit zur umfassenden Meinungsäußerung per Unterschrift zu geben. Deshalb wird in den nächsten Tagen eine Unterschriftenliste herumgehen.  Die Frage, zu der sich jeder äußern sollte, lautet: ,,Sind Sie für die Ausgliederung von Treffpunkten und Lokalredaktionen in  eigenständige Gesellschaften?"